Rallen: heimliches Leben zwischen Wasser und Land
Rallen oder Sumpfhühner kommen in Flachwasser- und Verlandungszonen vor. Sie bewegen sich hier meist in dichter Vegetation, weshalb die akustische Kommunikation wichtig ist. In der Schweiz sind die drei kleinen Rallenarten selten. Ihre nächtliche Gesangsaktivität und die heimliche Lebensweise machen die Erfassung schwierig.
Die drei kleinen Rallenarten Tüpfelsumpfhuhn, Kleines Sumpfhuhn und Zwergsumpfhuhn kommen in Mitteleuropa nur lückenhaft vor, der Verbreitungsschwerpunkt liegt jeweils weiter östlich. Ihr Lebensraum – Feuchtgebiete wie Sümpfe, überschwemmte Riedwiesen und Verlandungszonen – wurde in den letzten 200 Jahren massiv verkleinert und entwässert. So haben die Moore der Schweiz zwischen 1900 bis 2010 82 % und die Auen 36 % ihrer ursprünglichen Fläche eingebüsst. Die letzten Reste sind zerstreut und vielen negativen Einflüssen ausgesetzt. Zu niedrige Wasserstände zur Brutzeit durch Drainagegräben und andere Entwässerungsmassnahmen führen auch heute noch zur Entwertung vieler potenzieller Lebensräume in der Schweiz. Geeignete Habitate müssen an sich nicht sehr gross sein, denn alle drei Arten können unter günstigen Bedingungen auch Feuchtgebiete von weniger als 1 ha Grösse besiedeln.
Die Gesangsaktivität in geeigneten Lebensräumen deutet meist auf brutwillige Individuen hin, da Sumpfhühner auf dem Zug kaum singen. In den Jahren 2013–2016 wurden in der Schweiz jährlich 9–13 Reviere des Tüpfelsumpfhuhns und 1–2 Reviere des Kleinen Sumpfhuhns gefunden. Beim Zwergsumpfhuhn war es nur 2012 und 2017 je ein Revier; 2016 glückte zudem ein einzelner Brutzeitnachweis. Wie gross ist wohl die Zahl der übersehenen Reviere?
Diese heimlichen Sumpfbewohner sind einerseits selten und im Auftreten unstet, andererseits ist ihre optische oder akustische Erfassung schwierig. Sichtbeobachtungen gelingen fast ausschliesslich in der Zugzeit, wenn alle drei Arten mitunter an Schilfrändern von Gewässern rasten. Zur Brutzeit bleiben alle drei Arten in der Regel inmitten dichter Vegetation gut versteckt. Ihre Gesangsaktivität konzentriert sich auf die Dämmerung und die Nacht. In einigen grösseren Feuchtgebieten mit regelmässigeren Feststellungen erfolgen heutzutage jedes Jahr 1–2 Abendkontrollen ab der Dämmerung. In den anderen der rund 90 systematisch kartierten Feuchtgebiete und an weiteren potenziellen Brutplätzen fehlen solche Kontrollen oft ganz. Erschwerend kommt hinzu, dass die Männchen meist nur regelmässig singen, bis sie verpaart sind oder die Eiablage erfolgt ist.
Mit den aktuellen Methoden wird vermutlich nur ein Teil der Reviere dieser Arten gefunden. Eine Intensivierung des Monitorings, etwa durch standardisierte nächtliche Kontrollen oder durch ein Monitoring mit Tonaufnahmegeräten, würde eine bessere Kenntnis der Vorkommen dieser Arten ermöglichen.
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