Datenerhebung
Die Datenzentrale des Atlas 2013–2016 war www.ornitho.ch. Damit liess sich stets der aktuelle Stand für jedes Atlasquadrat und jede Art abrufen. Die artspezifischen Aufnahmekriterien umfassten einen minimalen Atlascode und ein Stichdatum und waren vielfach identisch wie jene im Atlas 1993–1996. Für jede Feldsaison wurden Schwerpunkte für die Feldarbeit gesetzt.
Der Atlas 2013–2016 umfasst die Datenerhebung über vier Feldsaisons von 2013 bis 2016. Ergänzend wurden vom «Biodiversitätsmonitoring Schweiz» (BDM) Daten aus 56 schon 2012 kartierten Kilometerquadraten miteinbezogen. Diese Erhebungen finden in einem 5-Jahresturnus statt, so dass wir beschlossen, eine ganze Periode aus diesem Überwachungsprojekt zu integrieren.
Im Vergleich zum Atlas 1993–1996 war es 2013–2016 viel einfacher, Meldungen zu erfassen. Damals mussten zum Melden der Beobachtungen spezielle Atlasformulare oder A6-grosse Meldekärtchen ausgefüllt, Koordinaten mühsam herausgesucht und diese Unterlagen dann per Post an die Vogelwarte gesendet werden. Um das Melden zu erleichtern, wurde zudem schon ab 1989 das Erfassungsprogramm «IDEXT» angeboten. Für den Atlas 2013–2016 konnten die Beobachter Nachweise direkt und häufig auch punktgenau auf www.ornitho.ch erfassen. Das Herauslesen der Koordinaten entfiel dank dem online verfügbaren Kartenhintergrund. Ab 2015 stand mit «NaturaList» auch eine App zur punktgenauen Erfassung von Beobachtungen direkt im Feld zur Verfügung (damals nur für Android Smartphones verfügbar).
Der Atlas 2013–2016 war der erste Atlas, der «live» entstand. Dazu wurde www.ornitho.ch mit einem speziellen Atlastool erweitert. Diese Erweiterung erlaubte es den Nutzerinnen und Nutzern, laufend den aktuellen Stand der Feldarbeit abzufragen. Dank der Aktualisierung der Karten und Atlasquadratübersichten in Echtzeit konnte man stets prüfen, welche Arten beispielsweise auch schon von anderen Meldern nachgewiesen worden waren. Dadurch blieb viel unnötige Sucharbeit erspart. Die standardisierte Eingabe über www.ornitho.ch eliminierte zudem viele Fehlerquellen. Beispielsweise verhinderten Pflichtfelder in der Eingabemaske das Vergessen wichtiger Eingabeinformationen (z.B. Atlascodes). Damit die Echtzeitkarten- und Atlasquadratübersichten jederzeit verlässlich waren, musste aber seitens der Vogelwarte laufend (und nicht erst zu Projektende) ein zusätzlicher Kontrollaufwand der eingehenden Meldungen getätigt werden. Geschützt erfasste Beobachtungen (z.B. von sensiblen Arten) blieben auch mit dem neuen Atlastool weiterhin unterdrückt, waren also nicht öffentlich einsehbar. Dies galt auch für die Verantwortlichen der Atlasquadrate und ihre Mitarbeitenden. Die einzige abrufbare Information zu diesen Arten war, ob sie schon im Atlasquadrat nachgewiesen worden waren oder nicht.
Durch regelmässige Informationen per E-Mail oder an den regionalen Atlastreffen wurde schon ab dem ersten Jahr eine intensive Datenerhebung gefördert, auch in den Randregionen.
Spezialfunktionen für den Atlas auf www.ornitho.ch
Auf www.ornitho.ch konnte man dank des Atlastools die Karte mit der nachgewiesenen Artenzahl pro Atlasquadrat sowie die Atlasquadratkarten pro Art für den Atlas 2013–2016 und auch für die früheren Atlanten (1972–1976 und 1993–1996) konsultieren. Die den Karten zugrunde liegenden Meldungen waren zudem auf einfache Weise abrufbar. Mit den Vergleichskarten auf Stufe Atlasquadrat liess sich die Änderung der Verbreitung von Arten zwischen zwei Perioden gut erkennen. Zudem stand eine Übersicht über die Verantwortlichen und Mitarbeitenden der Atlasquadrate und ein direkter Zugang zu «Terrimap online» zur Verfügung.
Artspezifische Aufnahmekriterien
Für jede Art wurden ein minimaler Atlascode und ein Stichdatum als Aufnahmekriterien definiert. Sie waren bei den meisten Arten gleich wie beim Atlas 1993–1996. Bereits damals hatte sich die Vorgabe eines Stichdatums bewährt, liessen sich doch damit viele strittige, in der Mehrzahl späte Durchzügler betreffende Meldungen durch eine klare Regel aussortieren. Erfolgte eine Beobachtung hingegen nach dem Stichdatum in einem geeignet scheinenden Lebensraum, wurde sie für den Atlas berücksichtigt. Auch akzeptierten wir indirekte Nachweise wie Losungen oder Federn, wenn sie von Spezialisten einwandfrei einer Art zugeordnet werden konnten. Beobachtungen während der Herbstbalz blieben hingegen unberücksichtigt.
Bei den meisten «verbreiteten Arten» galt der 15. April (ausser 2013: 13. April) als Stichdatum. Das entsprach dem Datum des frühesten Rundgangs bei den Kartierungen. Abweichend davon wurde bei Standvögeln (z.B. Spechte, Hühnervögel) das Stichdatum vor den 15. April gesetzt, bei später eintreffenden Zugvögeln dagegen später. Die Beobachtungen mussten immer in einem möglichen Brutbiotop erfolgt sein (mindestens Atlascode (AC) 2). Das Stichdatum war dann hinfällig, wenn zu einem früheren Zeitpunkt bereits Feststellungen mit begründetem Brutverdacht gelangen (mindestens AC 7). Andererseits wurden Beobachtungen, die zwar nach dem Stichdatum erfolgten, aber wahrscheinlich noch Durchzügler betrafen, nicht berücksichtigt. Nur für den Erlenzeisig waren die Aufnahmekriterien in Lagen unterhalb von 1000 m höher, indem Meldungen dort nur dann gültig waren, wenn begründeter Brutverdacht bestand (mindestens AC 7).
Für «seltene Arten» und «seltene Arten im Mittelland und Jura» waren die Kriterien unterschiedlich. Bei vielen Arten genügte bereits ein Brutzeitnachweis in einem geeigneten Lebensraum (mindestens AC 2) nach dem Stichdatum. Bei einigen Arten (z.B. Schafstelze) musste mindestens wahrscheinliches Brüten (mindestens AC 4) vorliegen. Bei nur selten brütenden Arten (z.B. Nachtreiher) sowie einigen anderen Arten (z.B. Gänsesäger) waren Beobachtungen mit begründetem Brutverdacht nötig (mindestens AC 7). Letzteres war auch für Steinschmätzer und Birkenzeisig unterhalb von 1000 m der Fall (in Lagen darüber genügte mindestens AC 2). Für die meisten Wasservögel und den Weissstorch, die immer wieder zur Brutzeit auftreten, aber längst nicht immer einen Brutversuch unternehmen, wurde ein Brutnachweis verlangt (mindestens AC 11). Bei solchen Arten musste also beispielsweise ein Nest mit Eiern, ein brütender Altvogel oder eine Familie mit noch nicht flüggen Jungen gefunden werden. Bei Arten, für die mindestens Atlascode 7 oder 11 gefordert war, gab es kein Stichdatum.
Bei «Koloniebrütern» musste begründeter Brutverdacht (mindestens AC 7) vorliegen (z.B. Kiebitz, Alpensegler, Dohle) oder es war ein Brutnachweis (mindestens AC11) erforderlich (z.B. Kormoran, Uferschwalbe). Für «Koloniebrüter in Siedlungen» (Mehlschwalbe und Mauersegler) galten das Stichdatum 15. April und mindestens AC 2.

Ein Beispiel aus dem «Miniatlas» des Atlasquadrats 58/19 (Laupen). Die Karte zeigt den Stand der Meldungen der Gartengrasmücke nach drei von vier Feldsaisons.
© Reproduziert mit Bewilligung von swisstopo (BA180142)Artenliste und «Miniatlas» pro Atlasquadrat
Ein Ziel des Atlas 2013–2016 war es, in jedem Atlasquadrat möglichst alle Brutvogelarten nachzuweisen. Als Orientierung über die zu erwartenden Arten diente die Artenliste des Atlas 1993–1996. Der aktuelle Stand der neuen Artenliste und der Vergleich zu 1993–1996 wurden nach jeder Feldsaison für jedes Atlasquadrat per E-Mail an die Verantwortlichen und Mitarbeitenden verschickt. So war vor der folgenden Saison bekannt, welche Arten noch fehlten, bei welchen Arten noch weitere Beobachtungen erwünscht und welche Arten schon bestätigt oder neu nachgewiesen waren.
Vor der Feldsaison 2015 wurde erstmals ein «Miniatlas» für die Verantwortlichen und Mitarbeitenden des jeweiligen Atlasquadrats im PDF-Format erstellt. Darin waren pro Atlasquadrat für jede Art die aktuellen Nachweise sowie jene von 1993–1996 auf einer Karte dargestellt. Bei Atlasquadraten mit geringer Bearbeitungsintensität wurden auch die Meldungen 1997–2012 auf den Artkarten abgebildet. Damit waren mehr Hinweise auf frühere Vorkommen vorhanden, was in vielen Fällen eine gezieltere Suche nach unbestätigten Arten ermöglichte. Neben den Artkarten illustrierten drei Karten mit der Anzahl Brutvogelarten, der Anzahl Meldungen bzw. der Anzahl Beobachtungstage pro Kilometerquadrat den Bearbeitungsstand des Atlasquadrats. Auch Anfang 2016 und nach Abschluss der Feldarbeit Anfang 2017 wurde ein aktualisierter Miniatlas zur Verfügung gestellt. Der Miniatlas war zusammen mit dem speziellen Atlastool auf www.ornitho.ch und der jährlichen Artenliste für die weitere Feldarbeit eine wertvolle Hilfe, denn er zeigte neben den aktuellen Meldungen auch jene des Atlas 1993–1996 und motivierte zu weiterer Suche. Dies dürfte für den sehr guten Bearbeitungsstand vieler Atlasquadrate mitverantwortlich gewesen sein.
Wetterbedingungen in den vier Feldsaisons
Von den vier Feldsaisons stach nur 2014 mit einem durchwegs warmen Frühling heraus. Die anderen drei Saisons waren im Vergleich zum langjährigen Mittel zu kühl und/oder zu feucht; im April 2013 und 2016 gab es zwei empfindliche Kälteperioden.
2013 war es in den Niederungen verbreitet der kälteste März seit 1987. Ab Mitte März bis Anfang April herrschte kaltes Wetter mit Schneelagen bis in die Niederungen. Nach Mitte April kam es erneut zu einem Temperatursturz und vor allem in der Westschweiz fiel Schnee bis unter 1000 m. Auch der Mai war der kühlste Mai seit 1991. Zudem war er verbreitet nass, ein Unwetter am Monatsende brachte regional sogar Rekordniederschläge. Erst im Juni stellte sich allmählich sommerliches Wetter ein.
Im zweiten Jahr war schon der März sehr warm und sonnig. Auch im April war es in der ganzen Schweiz deutlich zu mild und vor allem im Mittelland und im Tessin überdurchschnittlich sonnig. Der Mai fiel zu kühl und vor allem sehr wechselhaft aus. Erst im letzten Monatsdrittel gab es einige sommerliche Tage. Der Juni war dann wieder deutlich zu warm und im Wallis und in der Nordschweiz ausgesprochen trocken.
2015 kam, nach einem kurzen winterlichen Rückschlag Ende März, das Brutgeschäft unter den milden Aprilbedingungen rasant in Fahrt. Anfang Mai stieg der Pegel vieler Seen und Flüsse infolge der heftigen Niederschläge stark an und erreichte teilweise Rekordniveau. Zusammen mit weiteren Niederschlägen resultierte einer der nässesten Maimonate seit Beginn der Messaufzeichnungen 1864. Der Juni wurde hingegen in vielen Gebieten zum viertwärmsten Juni. Der Juli notierte mancherorts als heissester Monat seit Messbeginn. Insbesondere die erste Juliwoche brachte Rekordwerte.
2016 zog das Wetter nochmals sämtliche Register. Nach einem sehr milden Winter schlug das Pendel um. Der März war tendenziell zu kühl. Trotz empfindlicher Kälterückfälle war der April zwar durchschnittlich, dafür zu nass, ebenso der Mai. Er war an einigen Standorten sogar der niederschlagsreichste Mai seit Messbeginn 1864. Ende Mai sank die Schneefallgrenze stellenweise nochmals auf unter 1000 m und in höheren Lagen fielen 20–30 cm Neuschnee. Der Juni verlief ebenfalls trüb und niederschlagsreich. An einzelnen Messstandorten war es einer der nassesten Junimonate. Viele Seen und Flüsse führten Hochwasser oder traten über die Ufer. Sommerliche Temperaturen gab es nur an wenigen Tagen in der zweiten Monatshälfte.

Erweiterte Kriterien
Bei einigen Arten reichten die minimalen Kriterien nicht aus, um ein befriedigendes Bild der Brutverbreitung zu erhalten. Der Grund dafür waren spät auftretende Durchzügler, umherstreifende Sommergäste oder Nichtbrüter, besonders in Regionen, die nicht oder nur knapp innerhalb des bisher bekannten Verbreitungsgebiets lagen. Daher wurden für diese Arten (z.B. Rotmilan, Eisvogel, Pirol, Fitis, Trauerschnäpper) erweiterte Kriterien aufgestellt. Diese umfassten beispielsweise einen höheren Atlascode (mindestens AC 7), ein späteres Stichdatum, eine längere Anwesenheit eines Sängers oder ein Auftreten am selben Ort auch in anderen Jahren. Dank diesen erweiterten Kriterien konnte das Atlasteam solche Beobachtungen einheitlich beurteilen.
Schwerpunkte der vier Feldsaisons
Über die gesamten vier Jahre standen die Artensuche in den Atlasquadraten und die Revierkartierungen in den Kilometerquadraten im Zentrum. Ab der zweiten Feldsaison (2014) wurden gezielte Erhebungen durchgeführt.
2014 war eine möglichst vollständige Erfassung der Koloniebrüter das Ziel. Im Fokus standen insbesondere Alpensegler, Graureiher, Dohle, Saatkrähe und Ufer‑ schwalbe.
2015 waren Höckerschwan, Gänsesäger, Haubentaucher, Mittelmeermöwe und Eisvogel an grösseren Seen und Flüssen zu erfassen. An vielen Gewässern wurden Zählungen dieser Arten vor allem um Mitte Mai durchgeführt, meist von ornithologischen Arbeitsgruppen oder durch von der Vogelwarte beauftragte Mitarbeiter (einige Gewässerabschnitte wurden erst 2016 nacherfasst). Ein frühes Hochwasser beeinträchtigte allerdings die Aufnahmen. Ein zweiter Schwerpunkt in jenem Jahr war die Zählung balzender Waldschnepfen, für die vorab in den Kantonen Wallis, Tessin, Uri und Graubünden grössere Kenntnislücken bestanden hatten. Für diese Erfassung wurde ein räumliches Expertenmodell basierend auf Habitatvariablen erstellt. Damit war ersichtlich, wo die Waldschnepfe am ehesten geeignete Lebensräume vorfindet. Diese Lebensräume sollten gezielt aufgesucht werden.
2016 stand schliesslich die Erfassung von Kolonien mit mehr als zehn Brutpaaren von Mauerseglern und Mehlschwalben im Fokus, sofern dies nicht schon in den Vorjahren gemacht worden war. Ausserdem haben Mitarbeiter im Auftragsverhältnis die Heidelerche-Kartierung im Jura unterstützt und den Bestand der Schafstelze in der Nordostschweiz, der Westschweiz und im Tessin systematisch erfasst.
In allen vier Feldsaisons wurden neben den freiwilligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch Mitarbeitende im Auftragsverhältnis, Praktikanten und Zivildienstleistende eingesetzt, um abgelegene Kilometerquadrate zu kartieren, wenige bearbeitete Atlasquadrate zu begehen, nachtaktive oder schwierig nachzuweisende Arten zu suchen oder anderweitige Lücken zu stopfen.