© Markus Jenny
Förderung von ökologischen Leistungen im landwirtschaftlich genutzten Kulturland durch gesamtbetriebliche Beratungen
In der weiten Agrarlandschaft des St. Galler Rheintals geht die Artenvielfalt kontinuierlich zurück. Mit gesamtbetrieblichen Beratungen zeigen wir den Landwirten konkret auf, wie sie die sich bietenden ökologischen und ökonomischen Chancen nutzen können und unterstützen sie bei der Realisierung von Biodiversitätsförderflächen.
Ziele
„Im Herzen des St. Gallischen Rheintals ist mit dem Naturschutzgebiet Bannriet-Spitzmäder ein ökologisches Kleinod entstanden. Seltene Pflanzen und Kleintiere haben hier einen wertvollen Lebensraum gefunden. Das kleine Refugium ist aber isoliert. In der Agrarlandschaft der weiten Rheintalebene um das Naturschutzgebiet herum geht die Artenvielfalt kontinuierlich zurück. Von der Feldlerche sind nur noch wenige Paare zu finden; Kiebitz, Baumpieper und Braunkehlchen sind vor rund zwanzig Jahren im Zuge der intensivierten Nutzung des Kulturlands verschwunden. Der Verein Pro Riet Rheintal und die Schweizerische Vogelwarte Sempach wollen als Projektpartner die Rheintalebene auch im landwirtschaftlich genutzten Kulturland mit ökologisch wertvollen Lebensräumen bereichern, so dass der Feldlerchenbestand gesichert werden kann und weitere typische Vogelarten des Kulturlands wieder ein Zuhause finden. Deshalb möchten wir die Landwirte dafür gewinnen, das landwirtschaftlich genutzte Kulturland wieder vielfältig zu machen und zu beleben. Das Direktzahlungssystem des Bundes bietet die erforderlichen finanziellen Anreize über die Biodiversitätsförderflächen BFF (ökologischer Ausgleich). Viele Landwirte sind jedoch gegenüber dem ökologischen Ausgleich skeptisch eingestellt. Oft fehlt es am Wissen über die Funktion und den Wert von Biodiversitätsförderflächen für den Betrieb, aber auch wie man Biodiversitätsförderflächen erfolgreich anlegt und pflegt. Hier setzt unser Projekt an: Mit gesamtbetrieblichen Beratungen zeigen wir den Landwirten konkret auf, wie sie die sich bietenden ökologischen und ökonomischen Chancen nutzen können und unterstützen sie bei der Realisierung der Biodiversitätsförderflächen.“
Folgende Ziele sollen mit diesem Projekt erreicht werden:
- Die Landwirte erkennen den Wert der Biodiversität (Artenvielfalt) für Betrieb und Landschaft.
- Die Landwirte legen hochwertige Biodiversitätsförderflächen auf ihrem Betrieb an und sind stolz auf ihre Leistung.
- Die Landwirte sind durch die gesamtbetriebliche Beratung motiviert, beachtliche Mehrleistungen zu Gunsten der Ökologie auf ihrem Betrieb vorzunehmen.
Vorgehen
Die Betriebe werden durch einen speziell für die Aufgabe ausgebildeten Agronom mit eigenem landwirtschaftlichen Betrieb beraten.
Eine gesamtbetriebliche Beratung zeigt den Landwirten, welche ökologischen Leistungen sie bereits erbringen und macht einen konkreten Vorschlag, welche zusätzlichen Massnahmen ergriffen werden sollen. Das können zusätzliche ökologische Ausgleichsmassnahmen auf dem Betrieb sein, es kann aber auch die Aufwertung bestehender Biodiversitätsförderflächen betreffen. Weiter legt der Berater offen, welche Arbeitsbelastung die Umsetzung dieser ökologischen Leistungen nach sich zieht, wie hoch der Minderertrag gegenüber einer intensiven Produktion ist, aber auch welche Investitionen nicht anfallen und welche zusätzlichen Einnahmen über die Direktzahlungsbeiträge des Bundes generiert werden können. Nach der persönlichen Beratung entscheidet der Landwirt, welche Massnahmen er umsetzen will. Die Liste dieser Massnahmen wird in der abschliessenden Vereinbarung zwischen Landwirt und der Vogelwarte festgehalten und vom Landwirt unterzeichnet. Der Landwirt sagt damit zu, die Massnahmen innerhalb der nächsten drei Jahre umzusetzen.
Bedeutung
Dank der gesamtbetrieblichen Beratung sehen die Landwirte die Massnahmen für den ökologischen Ausgleich im Gesamtrahmen des Betriebes. Sie können Fragen der Produktivität, der Kulturenabfolge und der Arbeitsbelastung berücksichtigen und die für ihren Betrieb optimale Lösung wählen. Interessanterweise nimmt die Arbeitsbelastung meist leicht ab, die Beitragszahlungen steigen hingegen leicht. Viele Landwirte erkennen im Lauf der Gespräche, dass die Artenvielfalt auf ihrem Betrieb ebenfalls ein Produkt ihrer Arbeit ist und beginnen sich für die Zusammenhänge zu interessieren, z.B. für die Förderung von „Nützlingen“.
Von den geplanten ökologischen Massnahmen profitieren verschiedene Tier- und Pflanzenarten. Darunter befinden sich die typischen Bewohner reich strukturierter Kulturlandschaften, aber auch Rote-Liste-Arten mit hochspezifischen Lebensraumansprüchen. So sollen beispielsweise mit extensiv genutzten Wiesen und Buntbrachen in Kombination mit Gebüschgruppen Dorngrasmücke, Neuntöter und Goldammer angelockt werden. Von Säumen entlang von Grabenböschungen oder am Rand von Ackerland sollen Sumpfrohrsänger und Schwarzkehlchen profitieren.
Ergebnisse
Die Ergebnisse aus der Pilotphase 2013 stimmen für die folgende Beratungsphase optimistisch:
Alle Rheintaler Betriebe, die beraten wurden, unterzeichneten eine Vereinbarung. Durchschnittlich erhöhte sich der Anteil an Biodiversitätsförderflächen pro Betrieb von 10,73 auf 14,46 % der Betriebsfläche.
Die Bestände der Brutvogelarten im St. Galler Rheintal werden im Rahmen des Projektes „Lebensraumverbundsystem St. Galler Rheintal“ seit längerem regelmässig erhoben. Diese Ausgangslage ermöglicht, mit einer später folgenden Erfolgskontrolle die Wirkung der im Rahmen der gesamtbetrieblichen Beratung ergriffenen Massnahmen auf Vorkommen und Verbreitung von typischen Kulturlandvogelarten im Projektgebiet zu beurteilen.
Projektleitung
Partner
Verein Pro Riet Rheintal
Maschinenring Ostschweiz-Liechtenstein
Interessierte Landwirte im Projektperimeter
Donatoren
Stiftung Dreiklang