© Jari-Peltomäki
Die Rolle des Corticosterons während der Zugzeit
Der Langstreckenflug verlangt eine gute Vorbereitung des Organismus an diese Ausdauerleistung, die teilweise ohne Nahrungsaufnahme gemeistert werden muss. Der Vogel muss seinen Organismus entsprechend anpassen und seinen Stoffwechsel einerseits auf einen raschen Aufbau des Fettdepots, andererseits auf einen optimalen Abbau dieser Fettreserven einstellen. Wir untersuchten, ob Corticosteron, das bei Vögeln vorherrschende Glukokortikoidhormon, den Wechsel zwischen den beiden gegensätzlichen Stoffwechselwegen reguliert.
Ziele
Die meisten Zugvögel fliegen in Etappen in ihre Winterquartiere und zurück. Das heisst, sie wechseln zwischen Aufenthalten in Rastgebieten, in denen sie an Gewicht zunehmen und dem Ausdauerflug, während dem sie die angelegten Fettdepots wieder verbrennen, ab. Bisher weiss man aber nur wenig darüber, wie dieser Wechsel zwischen anabolem und katabolem Stoffwechsel reguliert wird. Ein mögliches Stoffwechselhormon, das im Energiehaushalt eine Schlüsselrolle spielen könnte, ist das Glukokortikoidhormon Corticosteron. Unser Ziel war es daher, Corticosteron bei Zugvögeln während der verschiedenen Stadien zu messen.
Vorgehen
Wir haben Plasma Corticosteron von Zugvögeln, die aus dem aktiven Flug gefangen worden sind, gemessen und zwar sowohl im Freiland bei mehreren Arten kleiner Singvögel, wie auch im Experiment bei Knuts, Calidris canutus, die bis zu 10 Stunden im Windtunnel geflogen sind (Zusammenarbeit mit der Universität Lund). Die Corticosteronkonzentrationen von Zugvögeln mit verschiedenen Zugstrategien (Langstreckenzug, Kurzstreckenzug und Invasionen) wurden verglichen. Ausserdem wurden in Zusammenarbeit mit der Universität Stockholm Experimente durchgeführt, bei denen das geomagnetische Feld bei Nachtigallen während der Herbstzugzeit manipuliert wurde. Wir wollten herauszufinden, ob das geomagnetische Feld ein Auslösereiz sein könnte, um die physiologischen Anpassungen in Gang zu setzen.
Ergebnisse
Während dem Ausdauerflug sind die Konzentrationen des basalen Corticosteron leicht, aber signifikant erhöht. Dieser erhöhte Basalwert im Fastenzustand fördert die Mobilisation der Energiereserven. Ein starker Anstieg des Corticosteron auf eine Konzentration, die einen Stresswert anzeigt, findet sich nur bei Vögeln, die über gar keine Fettreserven mehr verfügen und ausgemergelte Brustmuskeln haben. Bei diesen hohen Konzentrationen löst Corticosteron vermehrt einen Proteinabbau wie möglicherweise auch eine Verhaltensänderung aus. Während der Rast hingegen, wenn Nahrung aufgenommen wird und sich der Vogel im resorptiven Zustand befindet, löst ein leicht erhöhter Basalwert eine verstärkte Nahrungsaufnahme und Fettdepotbildung aus. Experimente haben gezeigt, dass das geomagnetische Feld ein Auslöser sein könnte, der den Vögeln ihre Position signalisiert und die Vorbereitung auf eine Meeres- oder Wüstenüberquerung auslösen könnte.
Projektleitung
Susi Jenni-Eiermann, Lukas Jenni
Partner
Dr. Åke Lindström und Anders Kvist, Universität Lund, Schweden
Dr. Cecilia Kullberg, Dept. of Zoology, Stockholm University
Prof.Dr. Theunis Piersma, Netherlands Institute for Sea Research, Texel, Niederlande
Prof. Dr. Hubert Schwabl, Washington State University Pullman
Dr. Fernando Spina, Istituto Nazionale per la Fauna Selvatica, Bologna, Italien
Publikationen
Corticosterone in migrating songbirds during endurance flight.
Information from the geomagnetic field triggers a reduced adrenocortical response in a migratory bird.
Are birds stressed during long-term flights? A wind-tunnel study on circulating corticosterone in the red knot.
Effect of endurance flight on corticosterone levels in passerine birds during autumn migration. Master thesis in animal biology.
Long flights do not influence immune responses of a long-distance migrant bird: a wind-tunnel experiment.
Regulation of protein breakdown and adrenocortical response to stress in birds during migratory flight.
Corticosterone Levels of Passerine Birds During Migratory Flight.