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Birrer, S., M. Jenny, F. Korner-Nievergelt, K. Meichtry-Stier, L. Pfiffner, J. Zellweger-Fischer & J.L. Zollinger (2013)

Ökologische Vorrangflächen fördern Kulturlandvögel

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Julius-Kühn-Archiv 442: 138–150

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simon.birrer@vogelwarte.ch

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Zusammenfassung

Der Rückgang der Biodiversität im Kulturland ist in weiten Teilen Europas ein dringendes Problem. Ein Lösungsvorschlag geht dahin, von den Landwirten zu verlangen, dass sie ökologische Vorrangflächen anlegen. In der EU wird diskutiert wie hoch der Anteil solcher Vorrangflächen sein sollte und welche Qualität sie aufweisen müssten. In der Schweiz sind ökologische Vorrangflächen seit 15 Jahren Pflicht und damit Gegenstand diverser Forschungsarbeiten. Der Artikel fasst einige aktuelle Arbeiten der Schweizerischen Vogelwarte Sempach zum Thema „Effekte ökologischer Vorrangflächen auf die Kulturlandvögel“ in Form eines „Werkstattberichtes“ zusammen. Trotz eines durchschnittlichen Anteils ökologischer Vorrangflächen an der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Tallagen der Schweiz von 9,5 % liess sich bisher auf nationaler Ebene keine substanzielle Verbesserung der Bestandssituation von typischen Arten des Landwirtschaftsgebietes feststellen. Untersuchungen zeigen, dass neben der Quantität vor allem die ökologische Qualität der Vorrangflächen für das Vorkommen zahlreicher Vogelarten entscheidend ist. Ein wichtiger Aspekt für die Vögel ist dabei die Erreichbarkeit der Nahrung. Lückige Vegetation ist diesbezüglich ein wichtiger Faktor ebenso wie die Sukzession. So ist die Dichte einiger Feldvogelarten in vier- bis sechsjährigen Buntbrachen (Blühstreifen, -flächen) am höchsten. Mehrere Fallbeispiele dokumentieren, dass sich die Bestände einiger Feldvogelarten mit qualitativ wertvollen ökologischen Vorrangflächen fördern lassen. Aufgrund von statistischen Modellen kann abgeschätzt werden, dass in Ackerbaugebieten rund 14 % hochwertige Lebensräume (Vorrangfl ächen mit Qualität, naturnahe Lebensräume außerhalb der landwirtschaftlichen Nutzfläche) notwendig sind, um die Bestände von standorttypischen Vogelarten auf beachtliche Siedlungsdichten ansteigen zu lassen. Die Landwirte spielen bei der Umsetzung von Aufwertungsmaßnahmen die zentrale Rolle. Wir konnten zeigen, dass Landwirte, die eine gesamtbetriebliche Beratung erhalten haben, mehr Leistung für die Biodiversität erbringen. Die 24 im Rahmen eines Projektes beratenen Landwirte stimmten zu, den Anteil von Vorrangflächen mit Qualität auf ihren Betrieben von 3,3 auf 8,7 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche zu steigern. Im selben Projekt wurde ein Instrument entwickelt, mit welchem die verschiedenen Maßnahmen zur Lebensraumaufwertung mit Punkten bewertet werden. Eine Erfolgskontrolle auf 133 Betrieben zeigt, dass sich dieses Bewertungsinstrument sehr gut eignet, um die Leistung von landwirtschaftlichen Betrieben zugunsten der Biodiversität objektiv abzubilden. In der Schweiz werden naturnah und umweltfreundlich produzierte Labelprodukte stark nachgefragt. Die Vereinigung der integriert produzierenden Landwirte (IP-Suisse) setzt stark auf die Förderung der Biodiversität und verlangt von ihren Labelproduzenten eine bestimmte Leistung im Bereich Biodiversität. Diese wird mit dem oben erwähnten Punktsystem gemessen. Biodiversität wird damit zu einem Mehrwert, der über höhere Produzentenpreise in Wert gesetzt werden kann.