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Wintergäste

Nischenaufteilung in der Flachwasserzone

Beim Wort «Wasservogelzählung» denken viele als Erstes an «Enten zählen». Tatsächlich machen die eigentlichen Enten im Schnitt etwas mehr als die Hälfte der in der Schweiz überwinternden Wasservögel aus; zu Spitzenzeiten Mitte der Neunzigerjahre waren es fast zwei Drittel aller Vögel. Dazu kommt, dass sie in grosser Artenvielfalt, in auffälligen Trupps und im attraktiven Prachtkleid den Winter in der Schweiz verbringen. In ihrer ökologischen Vielfalt liegt auch der Grund, wieso sich insbesondere die Bestände von Tauchund Schwimmenten derzeit in unterschiedliche Richtungen entwickeln.

Ente ist nicht gleich Ente

Aufgrund der unterschiedlichen Ernährungsstrategie besiedeln verschiedene Entenarten unterschiedliche Zonen im Gewässer. So nutzen Tauchenten mehrheitlich etwas tiefere Bereiche, während Schwimmenten vorwiegend die Flachwasser- und Uferzone nach Nahrung absuchen. Dabei ernähren sich Schwimmenten überwiegend von pflanzlicher Nahrung oder Mischkost, Tauchenten eher von tierischer Nahrung. Die Kolbenente als Spezialistin für Armleuchteralgen ist dabei die grosse Ausnahme unter den Tauchenten.

Auch innerhalb der Schwimmenten gibt es starke Unterschiede in der Nutzung der Uferzonen. Dies vermindert die Konkurrenz um Nahrungsressourcen und ermöglicht erst die gemischten Überwinterungstrupps auf engem Raum. Pfeifenten suchen ihre Nahrung primär an Land, oft grasen sie auf ufernahen Wiesen. Krickenten nutzen besonders seichte Gewässer und Schlickbänke. Sie unterliegen im Winter immer starken Schwankungen, da sie stark von Eisbildung und hohem Wasserstand betroffen sind. Schnatterenten halten sich oft auch in Ufernähe auf, bevorzugt nutzen sie tieferes Wasser als Krickenten. Löffelenten bevorzugen seichte, nährstoffreiche Gewässer, wo sie sich von Plankton ernähren. Durch die Verlandung von Flussstaus hat der Bestand der Löffelente bereits in den 1970er-Jahren stark zugenommen. Die Spiessente schliesslich ist durch ihren langen Hals an etwas tiefere Zonen angepasst, wo sie sich von Wasserpflanzen ernährt.

Vier Schwimmentenarten, deren Winterbestände sich in der Schweiz stark positiv entwickeln. Abgebildet sind die Ergebnisse der Januar-Wasservogelzählungen.

Klimawandel ändert die Ententrupps

Tauch- und Schwimmenten werden stark vom Klimawandel und den damit einhergehenden höheren Temperaturen in den Rast- und Überwinterungsgebieten beeinflusst. Solange Gewässer nicht vollständig zufrieren, finden Tauchenten noch Nahrung, während Schwimmenten vor allem eisfreie Uferzonen benötigen. Dies erklärt die aktuellen Trends: Die Zahl der Tauchenten nimmt in der Schweiz seit Jahren stark ab, da die Vögel vermehrt auch weiter nördlich noch offene Wasserflächen finden und so ihre Zugrouten energieschonend verkürzen können. Gleichzeitig nimmt die Zahl der Schwimmenten zu, da nun auch die Ufer unserer Gewässer immer seltener mit einer Eisschicht überzogen sind und so verschiedenen Arten zugänglich bleiben.

Veränderungen bei der Nahrungsgrundlage

Auch was sich im Wasser abspielt, beeinflusst die räumliche Verteilung Pfeif-, Schnatter-, Löffel- und Spiessente bevorzugen unterschiedliche Wassertiefen, wobei die Reihenfolge von links nach rechts ihre Präferenzen von flachem zu etwas tieferem Wasser widerspiegelt. der Entenvögel stark. Nur wo das Nahrungsangebot stimmt, können sie erfolgreich überwintern. In der Eutrophierungsphase in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts kam es in vielen Gewässern aufgrund von Überdüngung und Abwasser zu einem massiven Nährstoffüberschuss; eben dieser Nährstoffüberschuss bot eine ausgiebige Nahrungsgrundlage für die eingeführte Wandermuschel, deren starke Zunahme wiederum die Nahrungsgrundlage für Tauchenten bildete. Die Rückführung der Gewässer in den nährstoffarmen natürlichen Zustand (Re- Oligotrophierung) und die damit verbundene Rückkehr von Laichkräutern und anderen Wasserpflanzen verbessert die Nahrungsgrundlage für pflanzenfressende Arten.

Wertvolle natürliche Flachwasserzonen

Da in der Schweiz viele Ufergebiete stark verbaut und ökologisch verarmt sind, ist der Schutz bestehender Flachwasserzonen umso wichtiger. Entscheidend für Entenvögel sind vor Wind und vor Störungen durch Menschen und Hunde geschützte Buchten. Bei vielen Arten konzentrieren sich die Winterbestände auf die Wasser- und Zugvogelreservate; bei der Spiessente beispielsweise verbrachten 85 % des Schweizer Bestands den Winter 2022/23 in ebendiesen Schutzgebieten.

Situation der Vogelwelt

Zustandsbericht 2024

In der Publikation «Zustand der Vogelwelt in der Schweiz» fasst die Vogelwarte jährlich die neuesten Erkenntnisse aus ihren Überwachungsprojekten zusammen, an denen über 2000 freiwillige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in allen Landesregionen beteiligt sind. Der Bericht 2024 beleuchtet unter anderem Möglichkeiten zur Förderung der Vielfalt im Kulturland. Weiter wird die Rolle der Alpen als Arche des Anthropozäns illustriert.

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