In Baden-Württemberg fanden die Fachleute deutlich mehr extensiv bewirtschaftete Wiesen als in der Schweiz. Auch alte Hochstamm-Obstbäume mit vielen potenziellen Bruthöhlen kamen häufiger vor. Zudem waren Kleinstrukturen wie Asthaufen und Trockensteinmauern in Süddeutschland rund drei Mal häufiger, was sich auf das Angebot an Bruthöhlen und Beutetieren auswirkt. Grund dafür sind soziokulturelle, historische und rechtliche Unterschiede in der Landnutzung über politische Grenzen hinweg. Auch unterschiedliche Anreize der Agrarpolitik spielen eine Rolle: Zum Beispiel wurden viele Schweizer Hochstamm-Obstgärten nach dem Zweiten Weltkrieg durch staatlich unterstützte Rodungsaktionen ausgemerzt. Diese Unterschiede führen zu einer unterschiedlich intensiven Nutzung und damit auch zu einer unterschiedlichen Verfügbarkeit von überlebenswichtigen Ressourcen wie Nahrung oder Nistplätzen. Die erfolgreiche Förderung des Steinkauzes in der Schweiz erfordert also ein Umdenken in der Agrarpolitik und mehr Toleranz gegenüber unproduktiven Strukturen und scheinbarer «Unordnung » wie alten Hütten und grossen Einzelbäumen mit abgestorbenen Ästen, wovon auch viele weitere gefährdete Arten profitieren würden.
Tschumi, M., P. Scherler, J. Fattebert, B. Naef-Daenzer & M. U. Grüebler (2020): Political borders impact associations between habitat suitability predictions and resource availability. Landscape Ecol 35: 2287–2300. https://doi.org/10.1007/s10980-020-01103-8