Was tun mit einem Mauersegler?

Ein Mauersegler, der am Boden liegt, ist immer in einer Ausnahmesituation und braucht unsere Hilfe. Wichtig ist, dass wir zuerst feststellen, ob es sich um einen Jung- oder Altvogel handelt. Folgende „Checkliste“ hilft, den Vogel richtig zu beurteilen.

Alt- oder Jungvogel?

Foto © E. Brendel
Altvögel (Foto oben links) haben mit Ausnahme der hellen Kehle ein einheitlich schwarzbraunes Gefieder. Die Schwungfedern sind durchwegs einfarbig und zeigen keine schmalen, hellen Ränder. Die Flügel überkreuzen sich hinten etwa 2 cm vor der Spitze und überragen den Schwanz um etwa 2 cm.

Jungvögel sind nach dem Aufbrechen der Federscheiden (Foto unten links) an den hellen Federsäumen (vor allem an den Schwungfedern) und an der hellen Stirn gut zu erkennen (Foto oben rechts). Junge Mauersegler haben im Gegensatz zu den meisten jungen Singvögeln keine gelben Schnabelwülste.

Das Gewicht ausgewachsener Mauersegler beträgt je nach Individuum zwischen 31 und 55 g, wobei Vögel mit weniger als 40 g meist untergewichtig sind. Den Ernährungszustand können wir durch Abtasten des Brustbeins ermitteln. Wenn dieses wie ein Messerrücken hervorsteht, ist der Vogel abgemagert. Er muss für den Aufbau der Muskulatur einer sachkundigen Person in einer Pflegestation übergeben werden. Entsprechende Adressen sind bei der Vogelwarte und bei BirdLife Schweiz erhältlich.

Wann ist ein Jungvogel flügge?

Wenn wir anhand der obigen Merkmale festgestellt haben, dass es sich um einen Jungvogel handelt, müssen wir abklären, ob er bereits flügge ist und nur durch ein Missgeschick an einer Stelle gelandet war, von wo er nicht wieder auffliegen konnte. Die wichtigsten Merkmale sind die folgenden: Die Flügel überkreuzen sich wie bei den Altvögeln hinten etwa 2 cm vor der Spitze und überragen den Schwanz um ca. 2 cm (Foto unten rechts). Wenn wir den Vogel in der Hand sorgfältig auf den  Rücken drehen und einen Flügel öffnen, sollten an den äussersten Schwungfedern unter den Flügeldecken keine oder nur noch ganz kleine Reste der Federscheiden (Abb. 1) sichtbar sein.

Was tun mit einem flüggen Mauersegler?

Abb. 1
Abb. 1 (Foto © I. Polaschek)

Wenn wir sicher sind, dass der Vogel ein ausgewachsener, flügger Jungvogel oder ein Altvogel ist, legen wir ihn auf die Hand und überprüfen, ob er die Flügel symmetrisch hält. Wenn alles in Ordnung scheint, können wir einen Flugversuch wagen. Dazu gehen wir auf übersichtliches Gelände (Feld, kurzrasige Wiese), halten die flache Hand mit dem darauf liegenden Vogel auf Kopfhöhe und geben ihm genug Zeit zum Abflug. Evtl. helfen wir mit leichtem Wippen der Hand etwas nach. Ein gesunder Vogel wird in dieser Situation wegfliegen. In die Luft werfen dürfen wir ihn niemals! Falls der Vogel schon auf der Hand einen Flügel hängen lässt, zittert, das Gefieder sträubt oder trotz gutem Aussehen nicht abfliegt, fehlt ihm etwas. Dann ist der Gang in eine Pflegestation unumgänglich.

Wie unterbringen?

Auch wenn wir den Vogel vor dem Transport in eine Pflegestation oder Adoptionsstelle nur kurze Zeit unterbringen müssen, darf er auf keinen Fall in einen Käfig oder Katzenkorb gesetzt werden. Sonst besteht die Gefahr, dass er sich das Gefieder beim Herumflattern beschädigt. Ideal ist eine mit Haushaltpapier (kein Heu) ausgelegte (Schuh-)Schachtel mit Luftlöchern im Deckel. Sie soll an einem stillen, kühlen Ort stehen, damit der Vogel möglichst ruhig bleibt. Stark  ausgekühlte, noch wenig befiederte Jungvögel setzen wir zum Aufwärmen möglichst nahe an eine mit Lappen umwickelte, höchstens 40 °C warme Bettflasche.

Futter und Wasser?

Junge Mauersegler sterben nicht gleich, wenn sie einige Stunden lang kein Futter erhalten. Wenn die Altvögel zur Aufzuchtzeit Regen- und Gewitterfronten grossräumig ausweichen, müssen die Jungen manchmal mehrere Tage ohne Futter ausharren. Besonders bei heissem Wetter können wir dem Jungvogel aber Wasser anbieten, das wir tröpfchenweise an den Schnabelrand geben. Wenn der Vogel Durst hat, wird er das Wasser aufnehmen.

Aufzucht oder Adoption?

Die Aufzucht eines Mauerseglers von Menschenhand ist nie so gut wie die Betreuung durch Mauersegler-Eltern! Glücklicherweise adoptieren Mauersegler ohne Probleme ein fremdes Junges, das ungefähr gleich weit entwickelt ist wie die eigenen. Wenn eine Kolonie mit zugänglichen Nistplätzen zur Verfügung steht, ist deshalb für die Aufzucht von Mauersegler-Findelkindern die sofortige Adoption die beste Lösung. Vogelwarte und Schweizer Vogelschutz SVS/BirdLife Schweiz vermitteln gern geeignete Adressen. Sobald klar ist, dass eine Adoption nicht möglich ist, wird der Jungvogel unverzüglich einer Pflegestation zugewiesen. Damit die Aufzucht dort zum Erfolg führt, ist viel Erfahrung, Zeit und das geeignete Futter nötig (in erster Linie Grillen).

Literatur

  • Schmid H. (2012): Schwalben und Segler. Schweizerische Vogelwarte Sempach.
  • Haupt C. (2001): Mauersegler in Menschenhand. Deutsche Gesellschaft für Mauersegler e.V.
  • www.mauersegler.de

Impressum: Merkblätter für die Vogelschutzpraxis

© Schweizerische Vogelwarte & SVS/BirdLife Schweiz, Sempach & Zürich, 2013
Autoren: O. Holzgang, B. Trösch, N. Zbinden, V. Mattmann & J. von Hirschheydt
Das Kopieren mit Quellenangabe ist erwünscht.

Merkblatt

Was tun mit einem Mauersegler?