Saatkrähen: Informationsblatt für kantonale Behörden

Seit dem Jahr 2010 steht die Saatkrähe nicht mehr auf der Roten Liste der gefährdeten Brutvogelarten der Schweiz. Gemäss der eidgenössischen Gesetzgebung (Jagdgesetz JSG, Stand 2023) ist die Saatkrähe geschützt, doch wird sie in der Verordnung über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel (Jagdverordnung JSV, Stand 2023) als jagdbar erklärt. Während der Schonzeit vom 16. Februar bis zum 31. Juli sind Saatkrähen geschützt. Dieser Schutz umfasst neben den Altvögeln auch Nester und Jungvögel. Die Kantone können diese Schonzeit verlängern, jedoch nicht verkürzen. Sie haben zudem die Aufgabe, den Schutz der Muttertiere und der Jungtiere während der Jagd sowie der Altvögel während der Brutzeit zu regeln.

Gemäss eidgenössischer Gesetzgebung können Kantone sogenannte Selbsthilfemassnahmen gegen jagdbare Tiere zum Schutz von Haustieren, Liegenschaften und landwirtschaftlichen Kulturen zulassen. Weil Saatkrähen keine Schäden an Haustieren und Liegenschaften verursachen, sind aus Sicht von BirdLife Schweiz und der Schweizerischen Vogelwarte ausser bei landwirtschaftlichen Kulturen Selbsthilfemassnahmen nicht zulässig. Die Kantone können zusätzlich jederzeit Massnahmen gegen einzelne Saatkrähen, die erheblichen Schaden anrichten, anordnen oder erlauben.

In Städten beklagen sich Anwohnerinnen und Anwohner von Saatkrähenkolonien einerseits über den Lärm, andererseits auch über die durch den Vogelkot verursachten Verschmutzungen.

Lärm

Die Kolonien werden zum Teil bereits ab Januar von den Saatkrähen besucht, obwohl der Nestbau normalerweise erst im März beginnt. Bis Ende Juni sind in der Regel alle Jungen flügge. Alt- und Jungvögel streifen dann in der weiteren und näheren Umgebung der Kolonien umher. Besuche in den Kolonien sind aber auch vom Sommer bis zum Spätherbst möglich.

Für den Nestbau suchen sich Saatkrähen am häufigsten Platanen aus, nutzen aber auch andere Baumarten mit für den Nestbau geeigneter Zweigstruktur. Der Lärm ist eher ein Problem bei umfangreicheren Kolonien. Solche entstehen vor allem bei grösseren Baumgruppen, etwa in Alleen oder Parks. Nachts kann eine Auseinandersetzung zwischen zwei Vögeln rasch grosse Unruhe in der ganzen Kolonie erzeugen. Dass der Autolärm viel lauter ist als derjenige der Saatkrähen, stösst normalerweise nicht auf Einsicht bei betroffenen Menschen. Lärmmessungen bei grösseren Kolonien haben Werte von 60 bis max. 75 dB ergeben; als Vergleich erzeugt der Autoverkehr 80 bis 90 dB. Gemäss der Botschaft des Bundesrates zur Revision der Jagdverordnung JSV von 2012 ist Lärm von Saatkrähen kein Schaden im Sinn der Gesetzgebung.

Kot

Kot kann dort ein Problem sein, wo sich viel begangene Wege, Park-, Sitz- oder Spielplätze, Schulhöfe oder Kindergärten direkt unter Bäumen mit vielen Nestern befinden.

Der Anteil der Bevölkerung, der sich von Saatkrähen gestört fühlt, ist schwierig zu benennen, da sich nur wenige Personen melden. Klagen erfolgen bei verschiedenen Amtsstellen oder Behörden. Normalerweise wird einfach verlangt, dass die Vögel verschwinden. Wie dies zu bewerkstelligen ist, interessiert die Klagenden im Allgemeinen nicht. Bei näherem Nachfragen sehen einige Betroffene ein, dass nichts unternommen werden kann. Andere fordern, dass die Vögel geschossen, die Nester zerstört oder die Bäume geschnitten werden.

Die Verwechslung mit der Rabenkrähe führt öfters dazu, dass Saatkrähen beschuldigt werden, Eier und Jungvögel zu erbeuten. Auch das Anpicken von Abfallsäcken geht oft auf das Konto der Rabenkrähen.

Neben den Leuten, die sich beschweren, gibt es auch solche, die an den Saatkrähen Freude haben; diese melden sich aber meist erst, wenn Massnahmen gegen die Vögel vorgenommen werden.

Die Information der Bevölkerung und das Gespräch mit betroffenen Personen sind die wichtigsten Massnahmen. Da es sich im Allgemeinen um relativ wenige Leute handelt, die sich beklagen, bleibt der Aufwand überschaubar. Die Verteilung des Merkblattes für Anwohnerinnen und Anwohner von Saatkrähen-Brutkolonien, welches über die Biologie der Art informiert, kann Verständnis für die Tiere wecken. Es lohnt sich auch, auf die Leute einzugehen, sie eventuell zu treffen, um mit ihnen über ihr Problem zu diskutieren. Man kann dabei nicht alle Betroffenen beschwichtigen; die meisten sind aber beruhigt zu erfahren, dass von der Saatkrähe keine gesundheitliche Gefährdung ausgeht. Manche sehen nachher auch die interessanten Seiten dieser Vogelart.

Verschiedenste Methoden wurden schon getestet, um die Ansiedlung von Saatkrähen an neuralgischen Orten zu verhindern oder bereits ansässige Kolonien zu entfernen. Diese führten jedoch häufig zu einer Verteilung der Vögel und zur Gründung neuer Kolonien in der Umgebung. Das Problem wird damit verlagert, doch kaum je gelöst.

Katalog versuchter Massnahmen, um die Koloniebildung zu verhindern

In verschiedenen Städten Europas wurden bereits diverse Massnahmen getestet – mit sehr unterschiedlichem Erfolg. Bei optischen und akustischen Abwehrmassnahmen tritt in der Regel bereits nach kurzer Zeit ein Gewöhnungseffekt ein.

• Häufigeres Schneiden der Bäume: Bäume können nicht beliebig oft geschnitten werden, da sie sonst Schaden nehmen, Platanen etwa nur alle vier Jahre. Darüber hinaus ist das Zurückschneiden grosser Bäume kostspielig. Durch selektives Schneiden, z. B. durch das Entfernen von nur einem von zwei bis drei Ästen, die sich zum Anlegen von Nestern besonders eignen, lässt sich die Wirkung bei geringerem Aufwand optimieren.
• Das künstliche «Besetzen» der Nester mit Kegeln oder Plexiglasdeckeln, wie es in Bern gehandhabt wurde, hatte nur beschränkten Erfolg. Die Krähen haben diese Nester entweder durch neue ersetzt oder sogar den «Deckel» mit frischem Nistmaterial überbaut.
• Die handbediente Krähenklatsche, die im Nistbaum aufgehängt wird und über ein Seil von jedem Passanten bedienbar ist, sollte in Luxemburg Saatkrähen zum Verlassen der Kolonie bewegen. Das System kann bei einem einzelnen Baum funktionieren, bei Kolonien, die auf mehreren Bäumen verteilt sind, allerdings kaum mehr. In Basel hat es die Saatkrähen nicht zum Umsiedeln veranlasst. Hingegen fühlten sich Anwohner vom Lärm der Klatschen gestört. Verschiedentlich sind auch Klatschen zerstört worden.
• Schwarze Stofffetzen führten höchstens zu kurzfristigen Erfolgen.
• Attrappen in Form von Uhus mit beweglichen Flügeln können Erfolge ermöglichen. Ihre Wirkung ist allerdings nur kleinräumig und hängt von der Disziplin der Anwohner ab, denn die Flügel sollen von Tages- bis Nachteinbruch immer wieder bewegt werden. Man sollte sie daher nur gezielt einsetzen.
• Optisches Verscheuchen mit Ballonen oder Glitzerstreifen ist aufwändig, weil diese nach einer bestimmten Zeit umgehängt werden sollten. Zudem können sie sich in den Bäumen verfangen und weisen eine sehr beschränkte Lebensdauer auf. Der Erfolg ist nur kurzfristig.
• Optisches Verscheuchen verbunden mit dem Entfernen der Nester: Die Nester werden vor Beginn der Brutzeit entfernt; gleichzeitig werden Ballons mit Mustern in den Bäumen aufgehängt. Diese Methode war nur erfolgreich, wenn sehr früh in der Brutzeit alle Nester einer Kolonie entfernt und mehrere Ballons pro Baum aufgehängt wurden. Wenn nicht alle Nester entfernt werden, realisieren die Vögel den Zusammenhang zwischen dem Verschwinden der Nester und den Ballons nicht und bauen neue Nester direkt neben den Ballons! Zudem verlieren die Ballons rasch ihr Gas, können sich im Geäst verfangen und erfordern entsprechende Wartung. Bei zu späten Aktionen war der Erfolg schlechter und vor allem verlängerte sich die Brutperiode, weil die Vögel andere Kolonien aufsuchten.
• Verhindern des Brütens durch regelmässiges Zerstören der Nester mit Stangen während des Baus: Dieses Vorgehen war in Einzelfällen erfolgreich. Aus Gründen des Tier- und Vogelschutzes müssen solche Aktionen aber vor Beginn der Schonzeit abgeschlossen sein.
• Das Abspielen von Angstschreien erwies sich nur kurzfristig als erfolgreich.
• Laserstrahlen haben in mehreren Städten Frankreichs die gewünschte Wirkung erzielt. Ein Versuch in Bern brachte hingegen keinen Erfolg. Es besteht ein grosses Verletzungsrisiko. Tierschützerisch ist der Einsatz von Laser nicht zu vertreten.
• In den Niederlanden hat man versucht, ganze Brutkolonien an geeignete Stellen umzusiedeln, wo keine Belästigung von Anwohnern zu erwarten war. Dabei wurden die Horste in Bäume ohne Störpotenzial umgesetzt und die Saatkrähen selber mit sanften Methoden aus den ehemaligen Kolonien vertrieben. Die Methode hat sich als recht erfolgreich erwiesen, braucht aber eine gute lokale Kenntnis der Saatkrähensituation und möglicher Alternativstandorte, die nicht zu weit entfernt sein dürfen. Ihre Realisierung ist sehr aufwändig und dauert mehrere Jahre. In Bern hat diese Methode schlussendlich nicht funktioniert, da sich kein alternativer Standort fand.

Lokal können in Regionen mit grossen Saatkrähenbeständen Schäden in der Landwirtschaft auftreten. Es geht dabei vor allem um Ausfälle bei frischen Getreidesaaten: Im Frühling ist in der Umgebung bedeutender Brutkolonien ein Risiko für Sommergetreide möglich. Im Herbst kann im Bereich grosser Schlafplätze die Wintersaat in Gefahr sein, zumal dann, wenn die Wintergäste zu dieser Zeit bereits eingetroffen sind.

Die Gefahr von Schäden an landwirtschaftlichen Kulturen ist kurz nach dem Ansäen bis ca. zwei Wochen nach dem Keimen der Pflanzen am grössten (wenn diese etwa Handlänge erreicht haben; bei Mais bis zum dritten Blattstadium). Besonders beliebte Futterpflanzen sind Mais, Weizen und Hafer, während Gerste und Roggen weniger gern aufgenommen werden.

Bei erheblichen Schäden sind in erster Linie befristete Vergrämungsaktionen in Erwägung zu ziehen, wie sie im Merkblatt «Rabenvögel in landwirtschaftlichen Kulturen» beschrieben sind.
Ob und unter welchen Umständen Anspruch auf Wildschadenvergütung besteht, ist bei der kantonalen Jagdverwaltung zu erfragen.

Über die ganze Schweiz gesehen stammen Krähenschäden in der Landwirtschaft meistens von Rabenkrähen. Verwechslungen mit dieser Art, die im offenen Kulturland auch häufig in Schwärmen auftritt, führen oft dazu, dass Saatkrähen zu Unrecht beschuldigt werden

In manchen Regionen ist die Saatkrähe in der Landwirtschaft sehr geschätzt, weil sie Insekten und Wühlmäuse vertilgt. Während der Brutzeit frisst sie Insekten, Regenwürmer und Pflanzen. Sie ernährt sich möglichst auf gemähten Wiesen. Untersuchungen in Deutschland haben gezeigt, dass die Saatkrähen während der Aufzucht ihrer Jungen in intensiv bewirtschafteten landwirtschaftlichen Gebieten nicht mehr genug Insekten finden und deshalb Brutausfälle erleiden.