© Matthias Kestenholz
Vögel und Windkraftanlagen
Die Vogelwarte beurteilt neue technische Entwicklungen in Bezug auf eventuelle Auswirkungen auf Vögel. Dazu gehört auch die Nutzung der Windenergie. Obwohl CO2-frei und daher grundsätzlich förderungswürdig, ist die Nutzung der Windenergie aus Sicht des Vogelschutzes nicht überall unproblematisch.
Ziele
Die Schweizerische Vogelwarte wertet bisherige, vor allem ausländische Studien über die Auswirkungen von Windkraftanlagen auf Vögel aus. Sie beurteilt geplante oder potenzielle Standorte für Windkraftanlagen in der Schweiz bezüglich der zu erwartenden Auswirkungen auf Vögel. Folgende Fragen stehen im Vordergrund:
a) Welche Auswirkungen auf Vögel sind bekannt im Zusammenhang mit der Nutzung der Windenergie?
b) Welche Auswirkungen von Windkraftanlagen in der Schweiz auf die Vögel sind zu erwarten?
c) Wie können Planer negative Auswirkungen auf Vögel vermeiden oder minimieren?
Bedeutung
Die Nutzung der Windenergie in der Schweiz steckt noch in den Kinderschuhen. Doch existiert die offizielle Absicht, die Nutzung der Windenergie auszubauen. Soll dies ohne allzu grosse Kosten für Natur und Wildtiere, insbesondere Vögel, geschehen, müssen Planer wissen, welche Auswirkungen möglich sind. Sie müssen zudem abschätzen können, ob bei ihrem Projekt Auswirkungen zu erwarten sind oder wie das Projekt "vogelfreundlich" werden kann.
Ergebnisse
Sind Windparks vogelverträglich? Die Antwort lautet "nicht immer", denn negative Auswirkungen von Windenergieanlagen auf Vögel sind durch verschiedene Studien belegt. Die Hauptrisiken liegen in der Kollisionsgefahr und in einer Veränderung des Lebensraums. Von der Kollisionsgefahr sind Zugvögel und grosse Vögel, namentlich segelfliegende Arten wie Greifvögel und Störche, besonders betroffen. Vögel können mit Rotorblättern und Masten von Windenergieanlagen kollidieren, beim Vorbeifliegen in einen Sog geraten oder durch Wirbel der Rotoren zu Boden geschleudert werden. Daher sind Orte, an denen sich Vögel infolge topografischer und thermischer Bedingungen aus einem grossen Einzugsgebiet konzentrieren (z.B. Pässe in den Alpen und im Jura, Kreten, Ufer grosser Gewässer) für den Ausbau der Windenergie nicht geeignet.
Vögel sind mobil und nutzen ihnen zusagende Lebensräume über ganze Landschaftseinheiten hinweg. Windenergieanlagen und die sie begleitenden Infrastrukturen können den Wert eines Lebensraums erheblich mindern. Verschiedene Literaturauswertungen zeigen, dass Vögel Gebiete mit Windenergieanlagen weniger nutzen als vergleichbare Gebiete ohne Windenergieanlagen, sie gänzlich meiden oder die Gebiete zwar weiterhin nutzen, aber unruhig sind und immer wieder auffliegen. Solche Stresssituationen können bei Wintergästen oder rastenden Zugvögeln zu einer physischen Schwächung führen, was geringere Überlebenschancen zur Folge haben könnte. Brutvögel in Stresssituationen haben meist einen geringeren Bruterfolg, was dazu führen kann, dass lokale Bestände abnehmen oder sogar verschwinden. Es gibt auch Vögel, welche ein Gebiet mit Windenergieanlagen gleich nutzen wie zuvor ohne. Viele Vögel besiedeln beispielsweise über mehrere Jahre das gleiche Gebiet, unabhängig einer durch Windenergieanlagen verminderten Lebensraumqualität. Unklar ist jedoch, ob sich Individuen neu ansiedeln, falls die Lebensraumqualität zu stark vermindert wurde.
Die Erschliessung bisher wenig genutzter Landschaftsräume kann zu einer Veränderung z.B. der landwirtschaftlichen Nutzung oder zu einem höheren Besucheraufkommen führen. Bei auf Störungen sensibel reagierenden Arten wie dem in der Schweiz stark gefährdeten Auerhuhn besteht die Gefahr, dass sie sich aus solchen neu erschlossenen Gebieten zurückziehen.
Die Auswirkungen von Windenergieanlagen auf Vögel müssen vor der Bewilligung von Gesetzes wegen gründlich untersucht werden. In einem neuen Leitfaden empfiehlt die Vogelwarte nun Methodenstandards, die auf aktuellsten Kenntnissen beruhen.
Projektleitung
Stefan Werner, Janine Aschwanden
Partner
Bundesamt für Umwelt BAFU
Bundesamt für Energie BFE
Bundesamt für Raumentwicklung ARE