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Radarornithologie
Das Radar ist die einzige Messtechnik, die eine permanente Untersuchung des Vogelzugs über lange Zeiträume und in allen Höhenschichten sowohl tagsüber als auch nachts erlaubt. In den vergangenen 40 Jahren führte die Schweizerische Vogelwarte zahlreiche Projekte zur Erforschung des Vogelzuges in Europa, im Nahen Osten und in der Sahara durch. Neben der Grundlagenforschung ist die angewandte Forschung im Rahmen von Umweltverträglichkeitsstudien von grosser Bedeutung (z.B. Beurteilung von Bauprojekten wie Windparks, Brücken).
Ziele
- Beschreibung des zeitlichen und räumlichen Ablaufs des Vogelzuges
- Umweltabhängigkeit der zeitlichen und räumlichen Verteilung des Vogelzuges
- Umweltabhängigkeit des individuellen Flugverhaltens
- Modellierung und Vorhersage des zeitlichen und räumlichen Ablauf des Vogelzuges
- Weiterentwicklung der Radarsysteme zur automatischen Echtzeit-Erfassung des Vogelzuges
- Weiterentwicklung der Analysesoftware für die Unterscheidung verschiedener Vogelgruppen (Singvögel, Wasservögel, etc.)
Vorgehen
Da sich im Luftraum nicht nur Vögel bewegen, ist die Unterscheidung zwischen Vögeln und Nicht-Vögeln (z.B. Insekten, Wolken, Störechos der Umgebung) eine unabdingbare Voraussetzung für den sinnvollen Einsatz der Radartechnologie. Mit speziell für die Erkennung von Vögeln entwickelten Radarsystemen (BirdScan MR1) erfassen wir den generellen Zugablauf an ausgewählten Standorten.
Diese erlauben. . .
- eine kontinuierliche quantitative Erfassung der Höhenverteilungen ziehender Vögel
- die Registrierung von individuellen Flugrichtungen und -geschwindigkeiten
- die Identifikation von verschiedenen Vogelgruppen anhand des Flügelschlagmusters
Im Rahmen einer internationalen Kooperation konnten wir zeigen, dass auch die Daten von Wetterradarstationen wertvolle Informationen zum Vogelzug liefern können. Inzwischen arbeiten wir weltweit mit Forschern des European network of Radar Animal Monitoring (ENRAM) zusammen um das europäische Wetterradarnetz zur europaweiten Erfassung des Vogelzugs zu nutzen.
Bedeutung
Die Quantifizierung und räumliche Erfassung von Flugbewegungen ist eine Voraussetzung, um Umwelteinflüsse auf den Vogelzug verstehen zu können. Die kontinuierliche automatische Erfassung des Zuges durch das Radar ermöglicht auch, seltene Ereignisse quantitativ zu erfassen, welche sonst oft nur anekdotisch beschrieben werden können. Die Modellierung und Vorhersage von Flugbewegungen ist nicht nur für die Forschung, sondern auch für die Vermeidung von Kollisionen in der zivilen und militärischen Luftfahrt sowie mit hohen Gebäuden von grosser Bedeutung.
Ergebnisse
- Einfluss von topografischen Strukturen (Alpen, Meer, Wüste) auf das Zugverhalten von Transsahara-Ziehern
- Höhenverteilung der Zugintensität in Abhängigkeit der atmosphärischen Bedingungen
- Validierung von Wetter-Radaranlagen für die Quantifizierung des Vogelzuges
- Validierung von Fangzahlen (Vogelberingung) in Abhängigkeit der aktuellen Zugintensität
- Potenzielle Gefährdung von Zugvögeln durch Windkraftanlagen und anderen hohen Bauten
- Zusammensetzung des Vogelzugs (Singvögel, Wasservögel)
- Fluggeschwindigkeiten und Flügelschlagfrequenzen von freifliegenden Vögeln
Projektleitung
Felix Liechti, Janine Aschwanden, Thomas Steuri, Baptiste Schmid
Partner
- Prof. Bruno Bruderer
- ENRAM – European Network for Radar surveillance of Animal Movements
- Swiss Birdradar Solution AG
- Jason Chapman - University of Exeter (GB)
- Andrew Farnsworth – Cornell lab for ornithology
- Daniel Früh – ZHAW
- Volker Roth and Heiko Schuldt - University of Basel
- E-life
Donatoren
SNF – Schweizerischer Nationalfonds
Publikationen
Barrier effects of mountain ranges for broad‑front bird migration.
Simulation of broad front bird migration across Western Europe.
The grand challenges of migration ecology that radar aeroecology can help answer
Cross‐calibration of different radar systems for monitoring nocturnal bird migration across Europe and the Near East
A Geostatistical Approach to Estimate High Resolution Nocturnal Bird Migration Densities from a Weather Radar Network
Size matters in quantitative radar monitoring of animal migration: estimating monitored volume from wingbeat frequency
Temporal and spatial distribution, and flight directions of migratory birds in Tsavo West National Park, Kenya: a comparison of radar and ringing data.
Consistency of spatio-temporal patterns of avian migration across the Swiss lowlands.
Bird collisions at wind turbines in a mountainous area related to bird movement intensities measured by radar.
Complex behaviour in complex terrain - Modelling bird migration in a high resolution wind field across mountainous terrain to simulate observed patterns.
Vertical distribution of bird migration between the Baltic Sea and the Sahara.
Field validation of radar systems for monitoring bird migration.
Aeroecological Observation Methods.
Vogelzug - Eine schweizerische Perspektive.
Aeroecology.
Facing the Wind: The Aeroecology of Vertebrate Migrants.
Comparison of visual bird migration counts with radar estimates.
Atmospheric conditions create freeways, detours and tailbacks for migrating birds.
The gliding speed of migrating birds: slow and safe or fast and risky?
Continental-scale radar monitoring of the aerial movements of animals.
Modelling the spatial concentrations of bird migration to assess conflicts with wind turbines.
Vom militärischen Zielfolgeradar zum Vogelradar.
Orientation of passerine trans-Sahara migrants: the directional shift ('Zugknick') reconsidered for free-flying birds.
How do diurnal long-distance migrants select flight altitude in relation to wind?
Multi-generational long-distance migration of insects: studying the painted lady butterfly in the Western Palaearctic.
Wing-beat characteristics of birds recorded with tracking radar and cine camera.
Do bird captures reflect migration intensity? Trapping numbers on an Alpine pass compared with radar counts.
Adjustments of wingbeat frequency and air speed to air density in free-flying migratory birds.
Trans-Sahara migrants select flight altitudes to minimize energy costs rather than water loss.