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News - Hintergrund

Als Gast im Wohnzimmer sensibler Felsbrüter

August 2017

Kletterinnen und Kletterer bewegen sich in Felswänden und damit im Lebensraum verschiedener, teils sensibler Vogelarten. Die Vogelwarte engagiert sich dafür, dass ein Nebeneinander von Mensch und Vögeln möglich ist, auch am Fels.

Die Vorteile für Vögel, die in Felswänden brüten, liegen auf der Hand: Man hat einen guten Überblick über sein Revier, freie Anund Abflugmöglichkeiten und das Nest ist gut geschützt vor Bodenprädatoren. Beim Ausüben ihres Sports in den Felswänden sind Kletterinnen und Kletterer sozusagen in der Wohnung der Vögel unterwegs und können unverhofft in unmittelbare Nähe eines Nistplatzes geraten. Die Reaktion der Vögel auf solche Ereignisse ist unterschiedlich und kann auch erst nach längerer Zeit oder nach wiederholter Störung erfolgen. Problematisch ist es für die betroffenen Vögel, wenn nach ihrer Flucht die Eier zu lange auskühlen, sie die Brut abbrechen oder die Felswand ganz verlassen. Tatsächlich konnte in Deutschland gezeigt werden, dass der Bruterfolg von Uhus in Gebieten mit viel Klettersport geringer ist als in vergleichbaren Gebieten mit wenig Kletteraktivität. Ähnliches liess sich im Raum Südschweiz und Norditalien beim Wanderfalken beobachten. Lösen lassen sich solche Konflikte nur durch vorübergehende oder permanente Einschränkung des Klettersports, je nach Situation lokal oder grossräumig.

Sensible Akteure

Das Konfliktpotenzial zwischen Klettersport und Natur ist erkannt. In zahlreichen Kletterführern wird zum sorgfältigen Umgang mit der Natur aufgerufen, und es werden Verhaltenskodizes sowie konkrete Tipps und Hinweise auf Klettereinschränkungen gegeben. Die Organisationen IG Klettern Basler Jura, Mountain Wilderness, Bergsportschule Kletterwelt und Schwei- Als Gast im Wohnzimmer sensibler Felsbrüter zer Alpenclub SAC widmeten dem Thema 2015 eine Informations- und Ausbildungsbroschüre mit dem Titel «Mensch, Fels und Falke».

Auf der Internetseite www.sac-cas.ch/de/huetten-und-touren/sac-tourenportal/ informiert der SAC über aktuelle Einschränkungen in den Klettergebieten der Schweiz. Mit Verweis auf die Wildruhezonen www.wildruhezonen.ch thematisiert er zudem einen weiteren möglichen Konflikt im Klettersport: Der Zugang zu einer Felswand kann durch Lebensräume anderer sensibler Vogelarten, wie Auer- und Haselhuhn, oder anderen Wildtieren führen. Auch hier können Einschränkungen gelten.

Wo Konflikte drohen

Nachdem es im Wallis in den letzten Jahren wiederholt zu Konfliktsituationen gekommen war, beauftragte der Kanton die Vogelwarte, in einer Karte darzustellen, wo Konfliktpotenzial zwischen sechs Felsbrütern (Bartgeier, Steinadler, Wanderfalke, Uhu, Blaumerle und Alpenkrähe) und Freizeitaktivitäten am Fels besteht (s. Avinews 3/15). Bei diesen seltenen und empfindlichen Arten besteht die Gefahr, dass sich Störungen langfristig negativ auf die Bestandsgrösse auswirken. In einem nächsten Schritt soll in Zusammenarbeit mit Vertretern des Klettersports aus diesen Grundlagen eine Koexistenzkarte entstehen, um das Aufkommen von Konflikten zu unterbinden, den Schutz der genannten Arten langfristig zu sichern und trotzdem Kletteraktivitäten zu ermöglichen. Mit ihren Kenntnissen über das Vorkommen sensibler Felsbrüter kann die Vogelwarte schweizweit zu einer verbesserten Konfliktvermeidung beitragen.

Die Rolle der Vogelwarte

Sport- und Freizeitaktivitäten in der Natur erreichen mittlerweile auch Gegenden, wo bisher kaum Störungen durch von Menschen stattgefunden haben. Die Vogelwarte ist überzeugt, dass nur ein vorausschauender, konstruktiver und partnerschaftlicher Lösungsansatz zu einer nachhaltigen Lösung führen kann. Damit Sport- und Freizeitaktivitäten in der Schweiz naturverträglich stattfinden, engagiert sie sich im Verein Natur & Freizeit und sucht die Zusammenarbeit mit Behörden und Organisationen.