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Amsel
News - Hintergrund

Augen auf bei der Nutzung von Bestimmungs-Apps!

Dezember 2024

Künstliche Intelligenz (KI) ist in der Ornithologie angekommen: Bestimmungs-Apps wie «Merlin Bird ID» nutzen KI, um Arten zu identifizieren. Während solche Apps grossartige Werkzeuge zum Erlernen von Vogelstimmen sein können, bleibt ein kritischer Umgang mit den Bestimmungen der Apps unerlässlich.

Spätestens seit der Einführung von «ChatGPT» im November 2022 ist der Ausdruck «Künstliche Intelligenz» oder kurz «KI» in aller Munde. Und auch in der Ornithologie hat die Künstliche Intelligenz Einzug gehalten. Gut trainierte Computermodelle können Tonaufnahmen oder Fotos automatisch und häufig zuverlässig einer Vogelart zuordnen. Diese Technologie machen sich verschiedenen Bestimmungs- Apps bereits heute zu nutzen (z. B. Merlin Bird ID, BirdNet oder die App von BirdLife Schweiz). Wie mit allen neuen Technologien, gibt es zu Beginn eine Phase, in der die Nutzenden den sinnvollen Einsatz erlernen und erproben müssen. Die folgenden Hinweise und Überlegungen sollen Sie dabei unterstützen:

1) Proben Sie die Apps bei Ihren privaten Exkursionen für sich selbst aus und erleben Sie, in welchen Situationen die Arterkennung gut funktioniert und in welchen weniger. Variieren Sie bei den Aufgaben für die App den Schwierigkeitsgrad. Vergleichen Sie zum Beispiel einen singenden Vogel aus der Nähe mit einem rufenden in der Ferne.

2) Bewahren Sie stets ein gesundes Mass an Skepsis gegenüber den Resultaten der Apps. Bestimmungs-Apps können Sie auf die richtige Spur bringen und sind deshalb wertvolle Hilfsmittel, um neue Gesänge und Rufe zu erlernen. Aber versuchen Sie, die Artbestimmung selbst nachzuvollziehen und sichern Sie rein akustisch erfolgte App-Bestimmungen immer zusätzlich optisch ab. Dies gilt insbesondere für Arten, mit deren Rufen oder Gesängen Sie bislang nicht vertraut waren. Die Bestimmungshilfen sind sehr gut geworden, aber sie geben dennoch ab und zu falsche Bestimmungen zurück. Dies gilt vor allem bei Ergebnissen, die jahreszeitlich, tageszeitlich, geografisch oder vom Habitat her aussergewöhnlich sind.

3) Melden Sie über ornitho.ch oder mit der App NaturaList nur sichere Beobachtungen. Bestimmungen, die allein mit einer Bestimmungsapp gemacht wurden und durch Sie selbst nicht mit Sicherheit nachvollzogen und bestätigt werden können, sollen nicht gemeldet werden.

4) Bei Revierkartierungen, etwa für das für Monitoring Häufige Brutvögel (MHB) oder das Monitoring Feuchtgebiete (MF), soll gänzlich auf Bestimmungs- Apps verzichtet werden. Von Kartierenden in diesen Projekten wird einerseits vorausgesetzt, dass sie die meisten Vogelarten und deren Stimmen kennen. Entsprechend ist der Einsatz von Bestimmungshilfen eher eine Ablenkung. Andererseits verändert der Einsatz von KI-Bestimmungshilfen möglicherweise die Entdeckungswahrscheinlichkeit beim Kartieren. Eine solche Veränderung ist aus heutigem Standpunkt unbedingt zu verhindern, um falsche Rückschlüsse auf die Bestandsentwicklung zu vermeiden. Die rasante Entwicklung im Bereich der Künstlichen Intelligenz geht in den nächsten Jahren zweifellos weiter. Die Vogelwarte sammelt derzeit in verschiedenen Projekten Erfahrungen mit dem Einsatz von KI, insbesondere im Zusammenhang mit akustischem Monitoring. Hier eröffnen sich insbesondere für heimliche Arten wie Eulen oder Arten in herausfordernden Habitaten, wie etwa das Alpenschneehuhn, neue Möglichkeiten.