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© Oliver Dosch

Inmitten des Gürbetals erscheint eine Gewässerlandschaft. Der lehmreiche Untergrund des Seiliachers eignet sich hervorragend dafür.

News - Hintergrund

Wenn Landwirtschaft und Naturförderung an einem Strang ziehen

Dezember 2024

Dank des mutigen Einsatzes von Landbesitzern und ihrem Landwirt wurde das Gürbetal um fünf temporäre Wasserflächen mit kleinen Strukturen und niedrigen Hecken reicher. Ein Kleinod für die wildtierfreundliche Landwirtschaft ist entstanden.

Bevor der Fluss Gürbe oberhalb der Stadt Bern in die Aare mündet, durchquert er eine landwirtschaftlich genutzte Ebene. Das Gürbetal mit seinen torfigen Böden wird auch als «Chabisland» bezeichnet. Anfang des 20. Jahrhunderts wurden die Böden entwässert und anschliessend intensiv bewirtschaftet, wodurch Feuchtgebiete und reich strukturiertes Kulturland nach und nach verschwanden. Die Wiederherstellung dieser natürlichen Lebensräume ist eine Voraussetzung, um die Rückkehr bestimmter Arten in ihre ehemaligen Hochburgen zu ermöglichen.

Genau dieses Ziel haben sich die Besitzer des Seiliachers, eines über zwei Hektar grossen Grundstücks mitten in der Ebene zwischen Kaufdorf und Mühlethurnen gesetzt. Der Name leitet sich von der örtlichen Seilerei ab, wo die heutigen Besitzer das überlieferte Wissen weiterführen möchten. Neben der Produktion von Flachs für ihre Seile wollten sie ihre Parzelle schon lange in eine Oase der Biodiversität inmitten einer eher eintönigen, landwirtschaftlich intensiv genutzten Ebene verwandeln. Mit der Unterstützung ihres Landwirts, eines Permakulturbüros und des Naturschutzvereins faunaberna haben sie sich ab 2021 an diese ehrgeizige Aufgabe gemacht.

Als erste Massnahme wurde eine 160 Meter lange Hecke aus einheimischen und dornigen Sträuchern gepflanzt. Dazu kamen mehrere Hochstamm-Obstbäume und eine Naschhecke in der Nähe der Wohnhäuser. Während viele damit zufrieden gewesen wären, wollten die Hausbesitzer es nicht dabei belassen. Für den nächsten Schritt – die Schaffung einer Gewässerlandschaft – benötigten sie jedoch weitere Unterstützung, sowohl technischer als auch finanzieller Art. Nachdem sie vom Programm «Aufschwung für die Vogelwelt» erfahren hatten, wandten sie sich an die Schweizerische Vogelwarte. Bemerkenswert ist, dass die Zielarten nicht einmal auf den Abschluss der Arbeiten gewartet haben: Hermelin und Zauneidechse haben die neu geschaffenen Kleinstrukturen bereits entdeckt und in Besitz genommen, und Kreuzkröte und Weissstorch konnten bereits auf der Fläche beobachtet werden.

Die Schaffung stehender Gewässer und die direkte Anbindung an die Gürbe als ökologischen Korridor führten rasch zur Unterstützung des Projekts durch die kantonale Abteilung Naturförderung. Die Vogelwarte beauftragte daher ein Planungsbüro mit der Ausarbeitung von Massnahmen und der Vorbereitung des Baugesuchs. Dennoch war die Realisierung kein leichtes Unterfangen: Das Haupthindernis bestand darin, dass die Parzelle als Fruchtfolgefläche (FFF) festgesetzt worden war, dem landwirtschaftlich wertvollsten Boden in der Schweiz. Das Ausheben von Wasserflächen hätte eine Kompensation erfordert, also den Ersatz durch eine gleichwertige Fläche, die noch nicht als FFF vermerkt ist. Eigentlich eine fast unmögliche Aufgabe. Da der Schutz bedrohter Arten aber eine gesetzliche Verpflichtung ist und damit eine gültige Ausnahme von dieser Regelung, konnte das Projekt doch realisiert werden. Dazu kam, dass der Boden des Grundstücks die Kriterien für FFF in Wirklichkeit nicht erfüllt.

Zweieinhalb Jahre nach dem Start des Projekts wurde die Baugenehmigung endlich erteilt. In der Zwischenzeit waren an mehreren Aktionstagen mit Freiwilligen von faunaberna andere Aufwertungsmassnahmen zur Förderung von Kleinstrukturen vorangetrieben worden, etwa der Bau einer Benjes-Hecke und die Errichtung von mehreren Holz- und Steinhaufen. Die fünf Wasserflächen wurden diesen Herbst ausgehoben und werden ab dem nächsten Frühjahr Wasser führen, das durch eine unterirdische Pumpe gespeist wird. Die Natur im Gürbetal freut’s.

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