Da für insektenfressende Vögel im Gebirge die Nahrung nur während eines kurzen Zeitraums verfügbar ist, müssen Jungenaufzucht und Mauser genau darauf abgestimmt sein. Mit dem Klimawandel verändern sich aber zum Beispiel der Zeitpunkt der Schneeschmelze und die Ausdehnung des Waldes, was sich wiederum auf die Verfügbarkeit von Insekten als Nahrung auswirkt.
Davon wird auch der Steinschmätzer betroffen sein. Um die Auswirkungen dieser zeitlichen und räumlichen Veränderungen auf die Bestandsentwicklung des Steinschmätzers abschätzen zu können, müssen zuerst aber dessen Habitatpräferenzen bekannt sein. Dazu hat ein Forschungsteam der Vogelwarte von Mai bis September 2021 in den Bergen um Piora TI 121 farbberingte Individuen beobachtet. Sie notierten den genauen Standort der Nahrungssuche und verglichen die Eigenschaften dieses Standorts mit denen eines in zufälliger Richtung 20–80 Meter entfernten Standorts.
Sowohl Jung- als auch Altvögel zeigten während des gesamten Untersuchungszeitraums eine Präferenz für ein Mosaik aus Steinen und offenen Bodenstellen mit kurzer, langsam wachsender Vegetation. Ausserdem suchten Steinschmätzer zur Nahrungssuche die Nähe von Murmeltierbauen auf, weil Murmeltiere die Vegetation tief halten und offene Bodenflächen zur Verfügung stellen. Zudem profitierten die Steinschmätzer von extensiver Beweidung.
Die Studie zeigt, wie wichtig die Erhaltung und Förderung strukturreicher Gebiete während des gesamten Sommerhalbjahrs für den Steinschmätzer ist. Dies trifft insbesondere auf die Alpen zu, die in Zeiten des Klimawandels eine immer wichtigere Rolle für die Erhaltung der Art in Mitteleuropa einnehmen, denn in tiefergelegenen Lagen gehen die Bestände bereits zurück.
Müller, T. M., C. M. Meier, F. Knaus, P. Korner, B. Helm, V. Amrhein & Y. Rime (2023): Finding food in a changing world: Small-scale foraging habitat preferences of an insectivorous passerine in the Alps. Ecol. Evol. 13: e10084. https://doi.org/10.1002/ece3.10084