Gelb-schwarze Färbung und lange Fühler machen den Hornissenbock (Plagionotus detritus) unverwechselbar. Der Bockkäfer ist auf alte Eichen mit besonntem Alt- und Totholz in der Baumkrone angewiesen. In der Schweiz sind Wälder mit solchen Bäumen eine Seltenheit. Doch in den Gemeinden Brügg und Biel/ Bienne befindet sich einer davon, der Bärletwald. Er ist Teil des grösseren Waldkomplexes Längholzwald und beherbergt auf einer Fläche von rund sechs Hektaren den ältesten Eichenwaldbestand im Kanton Bern. Auf rund 300 Jahre werden die ältesten Eichen im beliebten Erholungswald geschätzt. Die Käferexpertin Lea Kamber fand den Hornissenbock 2022 auf einer der alten Eichen. Eine echte Sensation, denn es ist der erste Nachweis dieser stark gefährdeten Art zwischen Lausanne und Zürich seit 1888!
Diese Erfolgsgeschichte wäre jedoch beinahe einem Holzschlag zum Opfer gefallen: Bei einem Herbststurm im November 2020 war ein grosser Seitenast einer Eiche auf eine dem Wald angrenzende Strasse gefallen. Dies rief die Gemeinde Brügg und den Staatsforstbetrieb Bern als Waldeigentümer auf den Plan. Die Gemeinde Brügg sperrte daraufhin aus Sicherheitsgründen verschiedene Wege im Bärletwald ab, und der Staatsforstbetrieb zeichnete rund 90 Bäume, darunter zahlreiche alte Eichen und Buchen, zum Fällen an. Von der Bevölkerung, von lokalen Naturschutzorganisationen und vom Gemeinderat Brügg gab es aber grossen Widerstand gegen den geplanten Eingriff. So wurden unter Einbezug von Fachpersonen, darunter Michael Lanz von der Vogelwarte, Massnahmen diskutiert, um die alten Bäume zu erhalten und gleichzeitig die Sicherheit zu gewährleisten. Die Lösung war, dass die Bäume durch einen Forstingenieur auf ihren Zustand und auf biologische Werte begutachtet wurden und dass die Gemeinde Brügg den Wald dem Staatsforstbetrieb abkaufte. Dies ermöglichte baumpflegerische Eingriffe in den Jahren 2021 und 2022. Der geplante Holzschlag konnte so verhindert werden.