Spechtschäden an Hausfassaden

Jedes Jahr werden BirdLife Schweiz und der Schweizerischen Vogelwarte 20–50 Spechtschäden an aussenisolierten Hausfassaden gemeldet. Die meisten Fälle stammen aus Städten und Agglomerationsgemeinden des Mittellandes.

Sie betreffen Fassaden, deren Mauerwerk aussen durchwegs mit Hartschaum- Dämmplatten, einem Armierungsgewebe und einem Aussenputz mit eher grober Körnung (mind. 2 mm) versehen ist. Die Vögel sind fast immer Buntspechte, selten auch Grünspechte. Sie hacken einzelne oder mehrere bis faustgrosse Löcher in die Fassaden. Allenfalls werden diese später von anderen Vögeln genutzt. Besonders gefährdet scheinen Bereiche an Hausecken zu sein.

Die betroffenen Hauseigentümer sind in einem mehrfachen Dilemma:

  • Alle Spechtarten sind rechtlich geschützt.
  • Die Schäden können beträchtlich sein.
  • Sie sind durch die kantonalen Gebäudeversicherungen nicht abgedeckt.
  • Ein solcher Schutz wird zur Zeit offenbar auch von privaten Versicherern nicht angeboten.
  • Will man Schäden dauerhaft vermeiden, sind teure bauliche Massnahmen nötig.
  • Eine frisch sanierte Fassade kann sofort wieder vom Specht bearbeitet werden.

Erklärung

Die meisten Schadenmeldungen gehen zwischen Juli und Dezember ein. In dieser Zeit verlassen die jungen Spechte das Revier ihrer Eltern und suchen sich ein eigenes. Geeignete Gebiete finden sie auch in Stadt- und Dorfquartieren mit grösseren Bäumen. Zur wohnlichen Gestaltung neuer Territorien gehört der Bau von Schlafhöhlen. Auch alteingesessene Spechte streiten sich nach dem Ende der Brutzeit oft um solche Höhlen oder bauen neue. Da Buntspechte ihre Umgebung in vielfältiger Weise nutzen, lassen sie sich beim Erkunden des Reviers auch ab und zu an Hausfassaden nieder. Wände mit Aussenisolation vermitteln ihnen dabei wohl den Eindruck, dass sie zur Anlage einer Schlafhöhle geeignet seien: Der harte Verputz entspricht der Rinde, das Dämm- Material darunter klingt wie Faulholz.

Beurteilung des Problems

Die Schäden treten so häufig auf, dass wohl nicht nur abnorm veranlagte, sondern alle Buntspechte solche Löcher hacken können. Deshalb ist das Wegfangen oder das Abschiessen der Schaden stiftenden Vögel (erfordert eine Ausnahmebewilligung der kantonalen Jagdverwaltung!) kein Mittel zur nachhaltigen Problemlösung.

So lange die kostengünstigen, aber schadenanfälligen Aussendämm-Verfahren im Bauwesen so beliebt sind wie heute, werden Spechtschäden an solchen Fassaden in Zukunft wohl noch öfter auftreten.

Spechtsichere Aussenfassaden

Laut Herstellerwerbung gibt es mittlerweile einige spechtsichere Wärmedämmverbundsysteme - fragen Sie Ihren Baufachmann! Auch Massivmauerwerk, Metall- oder Eternitplattenverkleidungen dürften Spechten keine Angriffsflächen bieten. Dickere Putze bei traditionellen Aussenisolationen verhindern Spechtlöcher dagegen nicht immer. Auch Holzfassaden sind anfällig für solche Schäden (siehe unten).

Notmassnahmen zur Vogelabwehr

  • Mit Plastikbändern, Windrädchen oder Girlanden aus Metallfolienstreifen, etc. an gefährdeten Fassaden kann man Spechte kurzfristig abschrecken. Es ist aber mit Gewöhnungseffekten zu rechnen.
  • Neu angesiedelte Buntspechte verlassen nach Störungen an der Höhle offenbar häufig das Revier. Ist also eine Höhle bereits fertig gebaut und wird sie vom Specht genutzt, lassen sich die Vögel vielleicht durch mehrmaliges nächtliches Stören verscheuchen, z.B. durch Ausleuchten der Höhle oder durch Lärm.

Verhinderung von Folgeschäden

Abb. 1
Abb. 1 (Foto © V. Döbelin)

Spechtlöcher werden sehr oft an Hausecken angelegt, vermutlich aus zwei Gründen: Die Vögel können dort besser landen als an anderen Stellen der Fassade. Zudem ist dort das Blickfeld deutlich grösser, was sie besser vor überraschenden Greifvogelangriffen schützt. Deshalb dürfte es eine wirksame Abwehrmassnahme sein, die Vögel zu hindern, an den Hausecken zu landen. Zu diesem Zweck versieht man (z.B. bei Reparaturarbeiten nach einem Spechtschadenfall) alle gefährdeten Hausecken von ganz oben bis auf ca. 2,5 m über Boden mit einer glatten, 20–30 cm auf beide Seiten reichenden Abdeckung aus Blech, Hartplastik, Acrylglas, etc. Je nach Material lässt sich diese Verkleidung auf dem Verputz aufkleben.

Durch das Spannen senkrechter Stahldrähte (siehe Abb. 3), ca. 5-7 cm vor den zu schützenden Fassadenbereichen und im Abstand von maximal 8 cm zueinander, sollten sich Spechte ebenfalls vom Landen abhalten lassen. Ähnlich wirksam sind Spanndrahtsysteme zur Fassadenbegrünung. Verwenden Sie dafür Gerüstkletterpflanzen ohne Haftwurzeln, also Gemeine Waldrebe Clematis vitalba, Schlingknöterich Fallopia baldschuanica oder Wohlriechendes Geissblatt Lonicera caprifolium statt Efeu oder Wilden Wein.

Spechtlöcher in Holzfassaden

Hin und wieder hacken Spechte auch Löcher in Holzfassaden. Wenn diese Löcher eine rundliche Form aufweisen, ihre Grösse etwa 5–8 cm beträgt und das Holz an diesem Ort beim Draufklopfen hohl klingt, dürfte es das Ziel des Spechtes gewesen sein, sich im Holz oder dem Hohlraum dahinter eine Höhle einzurichten. Wenn die Hackstellen jedoch andere Formen aufweisen, könnte der Specht im Holz nach Nahrung gesucht haben. Dann sollte die Stelle vor der Reparatur mit einem Fachmann auf Insektenbefall untersucht werden.

Impressum: Merkblätter für die Vogelschutzpraxis

© Schweizerische Vogelwarte & SVS/BirdLife Schweiz, Sempach & Zürich, 2014, Aktualisierung 2019.
Autor: J. von Hirschheydt
Das Kopieren mit Quellenangabe ist erwünscht.

Merkblatt

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