Von «Fusslosen» und Langbeinen

Absolut gesehen haben sicher die Bienenelfen die kürzesten Beine. Relativ zum Körper halten diesen Rekord jedoch die Mauersegler. Ihre Beine sind – inklusive Krallen – nur 10– 12 mm lang. Kurze Beine sind für alle Segler charakteristisch. Ihre Beine haben sich zurückgebildet, da sie die meiste Zeit ihres Lebens im Flug verbringen. So sind sie auch zu ihrem wissenschaftlichen Namen gekommen: Apus heisst wörtlich übersetzt «ohne Fuss». Beobachtet man die geschickten Segler, sieht man schnell, dass ihre kurzen Beinchen nicht für Bodenlandungen geeignet sind und schon gar nicht zum Gehen. Mauersegler landen lieber an Mauern, an denen sie mit ihren vier nach vorne gerichteten Krallen klettern und sich ausgezeichnet festhalten können.

Die langen Beine des «Laufvogels»

Die längsten Beine hat der grösste Vogel, der afrikanische Strauss. Mit bewundernswerten 1,3 m Beinlänge stellt er die berühmtesten Topmodelle in den Schatten (zum Vergleich: Nadja Auermann schafft es «nur» auf 1,12 m). Der Strauss als reiner «Laufvogel» braucht seine Beine die meiste Zeit des Tages zum Laufen. Er erreicht Spitzengeschwindigkeiten von 70 km/h und kann auch etwa 30 Minuten lang eine Geschwindigkeit von 60 km/h aufrechterhalten. Entsprechend haben Straussenbeine eine kräftige Laufmuskulatur. Als einzige Vogelart haben sie nur noch zwei Zehen, eine grosse Zehe mit einer bis zu 10 cm langen Kralle, und eine kleinere, krallenlose Zehe. Die Reduktion auf nur zwei Zehen wird als Anpassung an die hohe Laufgeschwindigkeit gedeutet. Weniger Zehen bedeuten nämlich auch weniger Muskulatur in den unteren Gliedmassen, damit weniger Gewicht und eine bessere Schwungdynamik. Hinzu kommt, dass die Strausse als einzige Vogelart Zehenspitzengänger sind. Sie stehen, laufen und rennen mit ihren 90–156 kg Körpergewicht auf den äussersten Zehengliedern. Das dadurch entstehende «Zusatzgelenk» zwischen den beiden äusseren Zehengliedern und die dicken Fettpolster an den Zehen helfen Stösse abzufedern. Die lange Kralle der grossen Zehe gibt dem Strauss beim Rennen Halt. So rutscht er auf den weichen Sohlen der Zehen auch bei hohen Geschwindigkeiten nicht aus.

Die relativ zur Körpergrösse längsten Beine hat der Stelzenläufer. Seine bis 24 cm langen Beine sind länger als der Rest des Körpers und ragen im Flug weit über die Schwanzspitze hinaus. Im Gegensatz zum Strauss hat er nur dünne, wenig muskulöse Beine. Für ihn ist die Länge seiner Beine wichtig, um für die Nahrungssuche durchs Wasser waten zu können.

Der «Jesusvogel»

Für die längsten Zehen sind die Blatthühnchen, die in den Tropen und Subtropen vorkommen, bekannt. Dank ihrer stark verlängerten Zehen und Krallen können sie auf den Blättern von Wasserpflanzen über das Wasser schreiten; daher werden sie im Volksmund auch «Jesusvogel » genannt. Beim Kammblatthühnchen decken die Zehen eine Fläche von 15 × 20 cm ab. Sein Gewicht, das immerhin bis zu 168 g betragen kann, wird dadurch so günstig auf den Blättern verteilt, dass der Vogel weder einsinkt noch abrutscht!

Die kräftigsten Krallen

Die kräftigsten Krallen hat die Harpyie. Sie ist einer der stärksten Greifvögel und lebt in den Regenwäldern Mittel- und Südamerikas. Sie ernährt sich hauptsächlich von Faultieren und Affen. Um diese grossen Beutetiere zu jagen, hat sie eine besondere «Jagdwaffe», eine 7 cm lange Hinterzehenkralle! Dank dieser hält sie auch den Rekord für die grösste von Vögeln geschlagene und abtransportierte Beute, einen bolivianischen Brüllaffen von 6,8 kg.

Ebenfalls berühmt für ihre langen und scharfen Krallen sind die Steinadler. Die Hinterkralle adulter Weibchen ist zwischen 5,1 und 5,9 cm lang. Steinadler töten ihre Beute, indem sie ihre Krallen in die Lunge oder durch die Schädeldecke schlagen. Auf diese Weise können sie Beute wie Gämskitze töten, die weitaus schwerer sind als sie selbst.